Die Jury

 

Die fünfköpfige Jury, bestehend aus zwei Vertretern der beiden Landeskirchen und drei Mitgliedern aus der Film- und Medienwelt, kürt im Rahmen des Zürich Film Festivals (ZFF) jährlich einen Gewinnerfilm. Der Filmpreis der Zürcher Kirchen wird in einer eigenen Auswahl an Wettbewerbsfilmen – sowohl Spielfilme als auch Dokumentationen – vergeben.

Tobias Grimbacher

Tobias Grimbacher ist Synodalrat der Katholischen Kirche im Kanton Zürich und in diesem Jahr Präsident der Jury.

Drei Antworten zum Filmpreis

Aus welchen Gründen sind Sie Mitglied der Jury für den kirchlichen Filmpreis geworden?

Einerseits bin ich im Synodalrat für das Ressort Bildung und Kultur zuständig – und Filme sind ein wichtiger Teil der Kultur. Andererseits bin ich als Amateurtheaterschauspieler und -regisseur der darstellenden Kunst verbunden und bringe diese Erfahrungen gern auch in die Jury ein. Dennoch sehe ich mich als ganz normalen Zuschauer – ohne grosses Fachwissen und auch ohne Erfahrung in der Jury-Arbeit. Ich war noch nie Teil einer Jury und bin sehr gespannt auf die neue und intensive Erfahrung, viele Filme in recht kurzer Zeit zu sehen. Normalerweise gestalte ich lieber selbst und gehe eher selten ins Kino. Dagegen schaue ich gerne Fernsehfilme.

 

Welche Kriterien zeichnen Ihrer Ansicht nach einen preiswürdigen Film aus?
Damit ein Film überzeugt, braucht er Tiefgang. Er muss etwas transportieren, was auf den ersten und den zweiten Blick berührt. Dass ein christliches Menschenbild vermittelt wird, ist mir wichtig. Wenn er zusätzlich eine spirituelle Note hat, ist er sicherlich für einen Kirchenpreis geeignet.
Gleichzeitig braucht ein Film auch eine gewisse Leichtigkeit, die uns zum Lachen oder Schmunzeln bringt. Beides gehört für mich dazu: Nachdenken und Lachen können.

 

Welches ist Ihr persönlicher Lieblingsfilm aller Zeiten?
Das kann man so nicht sagen. Ich schaue viele Krimis; in Erinnerung geblieben ist mir aus den letzten Jahren der Luzerner Tatort «Die Musik stirbt zuletzt», nicht unbedingt wegen der kriminalistischen Handlung, sondern weil er an einem Stück, ohne Schnitt, gedreht wurde.
Und natürlich – als guter Katholik: Ich kann jederzeit über den Film «Life of Brian» von Monty Python lachen

Andrea Marco Bianca
Andrea Marco Bianca ist Vizepräsident des Kirchenrates der Reformierten Kirche Kanton Zürich und Pfarrer in Küsnacht.

 

Was die Kirche eigentlich am ZFF zu suchen hat und was es mit dem Filmpreis auf sich hat, darüber sprechen die Moderatoren von RefLab, der Online-Community der Reformierten Kirche im Kanton Zürich, in ihrem aktuellen Podcast mit Jurymitglied Andrea Marco Bianca.

Drei Antworten zum Filmpreis

Aus welchen Gründen sind Sie Mitglied der Jury für den kirchlichen Filmpreis geworden?

Weil ich schon als Kind im Kino bei berührenden Filmen meinen Emotionen freien Lauf lassen konnte, als Jugendlicher lieber in den «Filmclub» als in die Kirche ging, als Pfarrer das «Cinéglise» als eine Kino und Kirche verbindende Veranstaltung in unserer Gemeinde mitgründete und mich als Kirchenrat mit dem Ressort «Mitgliedschaft und Lebenswelten» an vorderster Front für die Präsenz der Kirchen am ZFF einsetze.

 

Welche Kriterien zeichnen Ihrer Ansicht nach einen preiswürdigen Film aus?
Ein Film ist für mich preiswürdig, wenn ihm eine überzeugende Balance visueller und affektiver sowie spiritueller und ethischer Aspekte gelingt – eine Balance, die sich rein nach Kriterien kaum exakt bestimmen lässt. Ein Film muss für mich deshalb, um preiswürdig zu sein, Fragen aufwerfen und die Zuschauenden nach dem Ende des Films in ihren Gedanken und Gefühlen im Blick auf das Verstehen von Menschen und im Blick auf das Verändern der Welt weiter beschäftigen. Am deutlichsten wird dies, wenn das Ende des Films auf der Leinwand für sie nicht das Ende des Films vor ihrem inneren Auge ist. Preiswürdig ist ein Film für mich deshalb auch, wenn die Zuschauenden weiter im Film drin bleiben – und so hoffentlich auch eine spirituelle und ethische Horizonterweiterung für ihr eigenes Leben und das Leben anderer erfahren.

 

Welches ist Ihr persönlicher Lieblingsfilm aller Zeiten?
Ein einziger wird es wohl nie sein. Aus meiner Kindheit wäre es «The Love Bug» von Walt Disney, aus meiner Jugendzeit «Harold und Maude» von Hal Ashby, aus meinem früheren Zeit als Erwachsener «The Matrix», und aus meinem späteren Zeit als Erwachsener «Match Point» von Woody Allen.

Sophia Rubischung

Sophia Rubischung wohnt in Zürich und ist schweizerisch-österreichische Doppelbürgerin. Nach einem Master-Studium an der Universität Zürich in Geschichte und Englischer Literatur begann sie ihre Tätigkeit in der Filmproduktion. Mittlerweile ist sie als Produzentin und freie Dozentin tätig und hat unter anderem die nationale Dokumentarfilm-Serie «FUTURA!» mitproduziert.

Drei Antworten zum Filmpreis

Aus welchen Gründen sind Sie Mitglied der Jury für den kirchlichen Filmpreis geworden? 

Die Mitarbeit in einer Jury ist für mich eine grosse Ehre und Verantwortung und bietet mir zudem die wunderbare Gelegenheit, mich mit Kolleg:innen über Filme auszutauschen, neue Filme zu entdecken, aber auch das Programm eines Festivals ganzheitlich zu erleben. Dass die ökumenische Jury sich mit Filmen aus der «Fokus»-Reihe auseinandersetzt, ist für mich besonders spannend, denn sie fördert damit explizit junge Filmschaffende. Das interessiert mich persönlich wie beruflich sehr, da junge Filmemacher:innen stets auf der Suche nach neuen Erzählformen sind und sich intensiver mit Themen auseinandersetzen, die die Brennpunkte einer Gesellschaft behandeln. Jede Generation findet wieder von neuem ihren filmischen Ausdruck und meinen Teil als Produzentin sehe ich darin, neue Talente aus dem In- und Ausland zu entdecken.

 

Welche Kriterien zeichnen für Sie persönlich bzw. Ihrer Ansicht nach einem preiswürdigen Film aus?

Ein preiswürdiger Film zeichnet sich für mich durch thematische Tiefe und seine Fähigkeit aus, wichtige soziale, politische oder kulturelle Fragen anzusprechen, Grenzen zu vermitteln und zu überwinden. Ich erachte einen Film ausserdem dann als besonders gelungen, wenn er Emotionen auslöst, nachhallt und auch Leute zu berühren vermag, die nicht aktiv vom behandelten Thema betroffen sind, oder sich mit den Protagonist:innen nicht unbedingt identifizieren können.

 

Welches ist Ihr persönlicher Lieblingsfilm aller Zeiten?

Einen Lieblingsfilm zu nennen kommt für mich der Aufforderung gleich, sich für ein Lieblingskind entscheiden zu müssen. Lieblingsfilme sind für mich die Werke, die mir neue Kino-Welten eröffnet haben. So war zum Beispiel «Chunking Express» von Wong Kar-Wai der Startschuss für meine Liebe zum asiatischen Kino und hat mir neue Erzählweisen offenbart. Genauso wichtig waren für mich aber auch Filme wie «Harold and Maude» von Hal Ashby, die Strömungen angehören, die von den klassischen filmischen Strukturen ihrer Zeit abweichen und Neues wagen.

Baldassare Scolari

Baldassare Scolari ist promovierter Religionswissenschaftler mit Fokus auf Medien- und Kulturforschung. Er unterrichtet Medienethik an der Fachhochschule Graubünden und Theorien und Methoden der Medienforschung an der Hochschule der Künste Bern.

Drei Antworten zum Filmpreis

Aus welchen Gründen sind Sie Mitglied der Jury für den kirchlichen Filmpreis geworden? 

Ich habe mehrere wissenschaftliche Artikel über Religion und Film publiziert und einen Sammelband über die Passionsgeschichte in der Kultur mit Fokus auf filmische Darstellungen mitherausgegeben. Zudem hatte ich bereits die Gelegenheit in zwei Film-Jurys (in Locarno und Fribourg) mitzuwirken.  Und – falls das noch nicht klar sein sollte: Ich mag Filme!

 

Welche Kriterien zeichnen für Sie persönlich bzw. Ihrer Ansicht nach einen preiswürdigen Film aus?

Ein guter Film hat eine Signatur, erschafft etwas Neues, kombiniert auf unerwartete Weise Genres, Styles und filmsprachliche Elemente. Ein guter Film ist subversiv, unbequem und kritisch. Ein guter Film ist schön, lustig, traurig, skurril, einfach und kompliziert.

 

Welches ist Ihr persönlicher Lieblingsfilm aller Zeiten?

Diese Frage ist einfach unbeantwortbar. Ich habe zu viele Lieblingsfilme. Ich kann hier frei, assoziativ und ohne Systematik einige auflisten: Lazzaro Felice (Alice Rohrwacher, 2018); The Wild Bunch (Sam Peckinpah, 1969); Amarcord (Federico Fellini, 1993); After Hours (Martin Scorsese, 1985); Blade Runner (Ridley Scott, 1982); Cul-de-sac (Roman Polansky, 1966); Il buono, il brutto, il cattivo (Sergio Leone, 1966) ; Travolti da un insolito destino nell’azzurro mare di agosto (Lina Wertmüller, 1974), Brazil (Terry Gilliam, 1985); Corpus Christi (Jan Komasa, 2019), Shichinin no samurai (Akira Kurosawa, 1954), Land and freedom (Ken Loach, 1995), Laitakaupungin valot (Aki Kaurismäki, 2006), Down by law (Jim Jarmusch, 1986), El ángel exterminador (Luis Buñuel, 1962); La Ricotta (Pier-Paolo Pasolini, Episode aus Ro.Go.Pa.G., 1993), El Topo (Alejandro Jodorowsky, 1970).

Brigitta Rotach

Brigitta Rotach war als Theologin und Kulturjournalistin langjährige Redaktorin bei «Sternstunde Religion» (SRF) und Programmleiterin im Berner «Haus der Religionen-Dialog der Kulturen». Seit Mai 2023 ist sie Co-Präsidentin der Jüdischen-liberalen Gemeinde (JLG) in Zürich. Sie ist Gründungsmitglied von «SERET» und «Yesh! Neues aus der jüdischen Filmwelt» sowie im Vorstand von Interfilm Schweiz.

Drei Antworten zum Filmpreis

Aus welchen Gründen sind Sie Mitglied der Jury für den kirchlichen Filmpreis geworden?

Natürlich zunächst einmal, weil ich dafür angefragt wurde. Dies ist bemerkenswert, weil ich nicht Mitglied einer Kirche, sondern der Jüdischen Liberalen Gemeinde Or Chadasch bin. Tatsächlich aber habe ich einen engen Bezug zu Filmen. In meiner Dissertation zum Buch Jona in der Rezeption von Beispielen aus der Bildenden Kunst habe ich einen Film von Alain Tanner ausführlich bearbeitet und mir dabei filmwissenschaftliches Handwerkszeug angeeignet. Als Interfilm-Mitglied konnte ich bei mehreren ökumenischen und interreligiösen Jurys mitarbeiten, etwa am Filmfestival von Locarno, in Nyon oder Leipzig. Im Haus der Religionen – Dialog der Kulturen, wo ich bis vor Kurzem die Kulturprogramme leitete, habe ich zusammen mit einem engagierten OK unter dem Titel «Film KultuRel» ein spezielles Filmangebot aufgebaut, in dem wir Filme zum jeweiligen Jahresthema zeigten und mit speziellen Gästen anschliessend moderierte Filmgespräche führten. Und als Vorsitzende der Kulturkommission in meiner Gemeinde war ich Gründungsmitglied von «Seret. Kino aus der Jüdischen Welt» und später zusätzlich noch von «Yesh! Neues aus der jüdischen Filmwelt», das einzige Filmfestival der Schweiz mit jüdischem Fokus. Die Mehrheit der von uns sorgfältig ausgewählten Werke dürfen wir dem Schweizer Publikum als Premiere vorführen. Dazu visionieren wir im Team jeden Herbst 60 bis 80 aktuelle Filme und wählen gemeinsam unser Programm aus. Kurz gesagt, Film ist eine grosse Passion für mich.

 

Welche Kriterien zeichnen für Sie persönlich bzw. Ihrer Ansicht nach einen preiswürdigen Film aus?

Einerseits muss natürlich die Qualität stimmen, möglichst auch die Art, wie er sein Thema behandelt; wenn möglich sollte er also einen kreativen oder neuen Zugang bieten. Aber in einer ökumenischen bzw. interreligiösen Jury spielt selbstverständlich der Inhalt auch eine wichtige Rolle. Der preiswürdige Film sollte aus meiner Sicht existenzielle menschliche Grundfragen behandeln, neue Sinndimensionen eröffnen, auch gesellschaftspolitische Fragen aufwerfen und im besten Fall interessante Ansätze zu Antworten liefern.

 

Welches ist Ihr persönlicher Lieblingsfilm aller Zeiten?

Schwierig zu sagen. Da gehe ich auf einen Klassiker zurück, den Western «High Noon».

 

(Interview: Madeleine Stäubli)